
Klaus-R
Moderator
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Hallo zusammen,
ich will Euch mal mit auf Zeitreise nehmen!
Wie ist das eigentlich damals gewesen, als Photographieren noch wirklich schwierig war?
Die Geschichte der Photographie ist ein sehr spannendes Thema ... da kann ich stundenlang 'drüber lesen und die Zeit vergessen und gucken und gucken .... warum aber nicht einfach MACHEN?!
Einfach ist das nicht wirklich ... man muss viel wissen, man muss sich eine Menge alten und neuen Kram beschaffen, man muss lernen, die uralte Technik zu verstehen und zu bedienen .... einfach spannend!
Und hier ist sie .... meine Zeiss Ikon Maximar, die so ungefähr aus den ganz späten 1920ern .... eher in den frühen 1930er Jahren das Licht das erste mal sammelte. Ganz genau kann ich das bei dieser 9x12cm Großformat-Kamera leider nicht bestimmen. Informationen sind da sehr lückenhaft.

Die Maximar ist eine sehr schöne, damals luxoriös ausgestattete sog. Plattenkamera.
Plattenkamera deshalb, weil dieser Kameratyp ursprünglich zur Belichtung von photobeschichteten
Glasplatten konstruiert wurde.
Natürlich gibt es schon sehr lange keine Glasplatten mehr, mit denen man heute noch mit so einer Kamera photographieren könnte, aber es gibt noch Planfilm in der Größe.
Allerdings muss man die Glasplatten Magazine der Kamera für die Verwendung von Planfilm umbauen.
Alternativ kann man Planfilm Adapter verwenden, die aber noch viel schwieriger zu ergattern sind, als
passende Kassetten überhaupt .... es war nicht einfach, aber ich habe solche Magazine für diese alte
Dame bekommen können.
Vorkriegskameras in dem hier gezeigten Bilderbuchzustand sind sehr selten. Oft muss da ziemlich viel
instandgesetzt und repariert werden. Ich habe eine noch ältere Ernemann 9x12, die einige Arbeit erfordert hat, bis auch sie jetzt wieder in gutem und einsatzfähigem Zustand dasteht.
Mann nennt diesen Kameratyp nicht nur "Plattenkamera" sondern auch "Reisekamera" oder "Laufbodenkamera".
Was nämlich diesen Kameratyp von den sog. "Fachkameras" wohltuend unterscheidet ist, dass sie trotz "Großformats" erstaunlich transportabel und nicht allzu schwer sind! Man kann sie tatsächlich zusammenklappen. so dass sie sicherlich nicht in die Jackentasche passen, wohl aber in eine kleine Phototasche.
Ich will's hier kurz halten .... gerne schreibe ich ein ausführliches Kameraportrait an anderer Stelle und bei Interesse ...
Die eigentlich spannende Frage ist (oder war) für mich, was eine über 90 Jahre alte 9x12 denn heute noch kann?!
Die Bedienung einer solchen "Reisekamera" ist außerordentlich kompliziert! Jedes Blatt Planfilm muss in der Dunkelkammer oder im Wechselsack in eine Kassette eingelegt werden. Ein Lichtschieber sichert den Film dann in der Kassette vor dem Licht.
Ist die Kamera eingestellt, wird die Kassette mit dem Planfilm angebracht, der Zentralverschluss muss unbedingt geschlossen werden, dann wird der Lichtschieber gezogen, der Planfilm belichtet, der Schieber wieder eingeschoben und die Kassette demontiert und abgelegt.
Man benötigt also so viele Kassetten, wie man Aufnahmen machen möchte ODER, man lädt sie unterwegs im Wechselsack neu .... egal wie .... jedes Bild ist richtig Arbeit.
Weil Fehler leider passieren und Planfilm nicht ganz billig ist, habe ich mich entschlossen, erstmal mit Photopapier zu üben .... das ist preiswert und wenn man damit Murks macht, dann kostet das nicht die Welt.
Wenn man Photopapier statt Film belichtet entstehen dafür andere Probleme ..... nicht hier, nicht jetzt.
Was geht?
Aufnahme auf Fomaspeed N311 (wobei Speed ein Scherz ist
) Versuche meinerseits ergaben eine Empfindlichkeit von ISO 3. Das bedeutet, dass das Photopapier genau 5x so viel Licht braucht, wie ein ISO 100 Film.
Aufnahme also vom Stativ: Blende 11 und 1s Belichtungszeit:

Entwickelt habe ich das Papiernegativ in ADOX-Papierentwickler. Die Gradation kommt damit sehr sehr knackig .... ich habe eine Quelle gefunden, die aussagt, dass man Papiernegative für weichere Zeichnung auch in Filmentwickler entwickeln kann .... ich werde das testen .... habe aber auch "richtigen" Planfilm bestellt .... nachdem ich das Schätzken jetzt einigermaßen sicher bedienen kann.
Die alte Zeiss hat ein Carl Zeiss Tessar 135mm/F:4,5 Objektiv und einen Friedrich Deckel COMPUR Zentralverschluss. Besser oder lichtstärker ging es damals nicht und auch später blieb die maximale Lichtstärke für 9x12 Kameras auf 1:3,5 beschränkt.
Das Tessar war damals sozusagen der "Burner" in Sachen Photooptik.
Gucken wir mal, wie scharf um 1930 so eine "Reisekamera" zeichnen konnte?


Ich habe das Papiernegativ mit 85 Megapixeln gescannt und ich bin sehr beeindruckt.
Das natürlich unvergütete uralte Tessar ist übrigens glasklar, hat die lange Zeit bestmöglich überstanden. Faszinierend, was damals schon ging.
Ich habe auch schon Portraitversuche bei Offenblende unternommen ..... muss aber erst fragen, ob ich das zeigen kann.
Ich warte mit weiteren Personenaufnahmen aber, bis der Planfim da ist .... die langen Belichtungszeiten
und das notwendige "Stillhalten" bei ISO 3 sind da sehr nervig.
Die Schärfentiefe ist natürlich bei der riesigen Aufnahmefläche denkbar gering .... selbst bei Bldende 11
muss immer noch sehr genau fokussiert werden.
Ich denke, dass ich mit dieser Kamera noch sehr schöne Aufnahmen in den Kasten holen werde ....
Großformat .... warum nicht auch?
Ach übrigens .... Planfilm der Größe 9x12 war fast schon tot. Das Format wurde nach dem Krieg vom
minimal größeren 4x5 Inch Normformat verdrängt.
Es ist mehreren kleinen Firmen zu verdanken, dass es wieder Planfilm in dieser Konfektionierung gibt .....
ansonsten muss man 4x5 Inch passend schneiden .... noch mehr Wiggel!
Solche Kameras MÜSSEN NICHT unbedingt ins Museum .... man/frau kann sie benutzen!

Ich hoffe, die Zeitreise war interessant ....ich reise garantiert weiter!
Grüße und rettet Film
Klaus
ich will Euch mal mit auf Zeitreise nehmen!
Wie ist das eigentlich damals gewesen, als Photographieren noch wirklich schwierig war?
Die Geschichte der Photographie ist ein sehr spannendes Thema ... da kann ich stundenlang 'drüber lesen und die Zeit vergessen und gucken und gucken .... warum aber nicht einfach MACHEN?!
Einfach ist das nicht wirklich ... man muss viel wissen, man muss sich eine Menge alten und neuen Kram beschaffen, man muss lernen, die uralte Technik zu verstehen und zu bedienen .... einfach spannend!
Und hier ist sie .... meine Zeiss Ikon Maximar, die so ungefähr aus den ganz späten 1920ern .... eher in den frühen 1930er Jahren das Licht das erste mal sammelte. Ganz genau kann ich das bei dieser 9x12cm Großformat-Kamera leider nicht bestimmen. Informationen sind da sehr lückenhaft.

Die Maximar ist eine sehr schöne, damals luxoriös ausgestattete sog. Plattenkamera.
Plattenkamera deshalb, weil dieser Kameratyp ursprünglich zur Belichtung von photobeschichteten
Glasplatten konstruiert wurde.
Natürlich gibt es schon sehr lange keine Glasplatten mehr, mit denen man heute noch mit so einer Kamera photographieren könnte, aber es gibt noch Planfilm in der Größe.
Allerdings muss man die Glasplatten Magazine der Kamera für die Verwendung von Planfilm umbauen.
Alternativ kann man Planfilm Adapter verwenden, die aber noch viel schwieriger zu ergattern sind, als
passende Kassetten überhaupt .... es war nicht einfach, aber ich habe solche Magazine für diese alte
Dame bekommen können.
Vorkriegskameras in dem hier gezeigten Bilderbuchzustand sind sehr selten. Oft muss da ziemlich viel
instandgesetzt und repariert werden. Ich habe eine noch ältere Ernemann 9x12, die einige Arbeit erfordert hat, bis auch sie jetzt wieder in gutem und einsatzfähigem Zustand dasteht.
Mann nennt diesen Kameratyp nicht nur "Plattenkamera" sondern auch "Reisekamera" oder "Laufbodenkamera".
Was nämlich diesen Kameratyp von den sog. "Fachkameras" wohltuend unterscheidet ist, dass sie trotz "Großformats" erstaunlich transportabel und nicht allzu schwer sind! Man kann sie tatsächlich zusammenklappen. so dass sie sicherlich nicht in die Jackentasche passen, wohl aber in eine kleine Phototasche.
Ich will's hier kurz halten .... gerne schreibe ich ein ausführliches Kameraportrait an anderer Stelle und bei Interesse ...

Die eigentlich spannende Frage ist (oder war) für mich, was eine über 90 Jahre alte 9x12 denn heute noch kann?!
Die Bedienung einer solchen "Reisekamera" ist außerordentlich kompliziert! Jedes Blatt Planfilm muss in der Dunkelkammer oder im Wechselsack in eine Kassette eingelegt werden. Ein Lichtschieber sichert den Film dann in der Kassette vor dem Licht.
Ist die Kamera eingestellt, wird die Kassette mit dem Planfilm angebracht, der Zentralverschluss muss unbedingt geschlossen werden, dann wird der Lichtschieber gezogen, der Planfilm belichtet, der Schieber wieder eingeschoben und die Kassette demontiert und abgelegt.
Man benötigt also so viele Kassetten, wie man Aufnahmen machen möchte ODER, man lädt sie unterwegs im Wechselsack neu .... egal wie .... jedes Bild ist richtig Arbeit.

Weil Fehler leider passieren und Planfilm nicht ganz billig ist, habe ich mich entschlossen, erstmal mit Photopapier zu üben .... das ist preiswert und wenn man damit Murks macht, dann kostet das nicht die Welt.
Wenn man Photopapier statt Film belichtet entstehen dafür andere Probleme ..... nicht hier, nicht jetzt.
Was geht?
Aufnahme auf Fomaspeed N311 (wobei Speed ein Scherz ist


Aufnahme also vom Stativ: Blende 11 und 1s Belichtungszeit:


Die alte Zeiss hat ein Carl Zeiss Tessar 135mm/F:4,5 Objektiv und einen Friedrich Deckel COMPUR Zentralverschluss. Besser oder lichtstärker ging es damals nicht und auch später blieb die maximale Lichtstärke für 9x12 Kameras auf 1:3,5 beschränkt.
Das Tessar war damals sozusagen der "Burner" in Sachen Photooptik.
Gucken wir mal, wie scharf um 1930 so eine "Reisekamera" zeichnen konnte?


Ich habe das Papiernegativ mit 85 Megapixeln gescannt und ich bin sehr beeindruckt.

Ich habe auch schon Portraitversuche bei Offenblende unternommen ..... muss aber erst fragen, ob ich das zeigen kann.
Ich warte mit weiteren Personenaufnahmen aber, bis der Planfim da ist .... die langen Belichtungszeiten
und das notwendige "Stillhalten" bei ISO 3 sind da sehr nervig.
Die Schärfentiefe ist natürlich bei der riesigen Aufnahmefläche denkbar gering .... selbst bei Bldende 11
muss immer noch sehr genau fokussiert werden.
Ich denke, dass ich mit dieser Kamera noch sehr schöne Aufnahmen in den Kasten holen werde ....
Großformat .... warum nicht auch?

Ach übrigens .... Planfilm der Größe 9x12 war fast schon tot. Das Format wurde nach dem Krieg vom
minimal größeren 4x5 Inch Normformat verdrängt.
Es ist mehreren kleinen Firmen zu verdanken, dass es wieder Planfilm in dieser Konfektionierung gibt .....
ansonsten muss man 4x5 Inch passend schneiden .... noch mehr Wiggel!

Solche Kameras MÜSSEN NICHT unbedingt ins Museum .... man/frau kann sie benutzen!


Ich hoffe, die Zeitreise war interessant ....ich reise garantiert weiter!
Grüße und rettet Film
Klaus
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