Steinheil München Objektive für die Fuji GFX ....

Klaus-R

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Hallo zusammen,

70 Jahre alte Objektive an einer HIGH END Digitalkamera nutzen??? Ist das Unsinn oder vielleicht doch nicht???😊

Dieser Frage will ich mal nachgehen und ich hoffe, dass Ihr mir mal wieder auf einer meiner kuriosen historischen Exkursionen Lust habt, zu folgen.😊

Wie es dazu kam???

NICHT MIT ABSICHT ..... ich schwör!!!🤣😅
Ich will den alten Kram ja gar nicht ... der Kram will mich! 😅

Bild -22.jpg

Es war mal wieder ein Zufall .... mal wieder ein Trödelbesuch diesmal in Hamburg. Da lachen mich zwei der oben gezeigten Steinheil Objektive an.
Ich hatte mich mit der Marke STEINHEIL MÜNCHEN nie wirklich beschäftigt, weil Steinheil Wechselobjektive damals schon rar waren und heute kaum zu bekommen.
Wenn überhaupt angeboten, dann zu Mondpreisen, denn alles was selten ist, kommt automatisch teuer.
Steinheil Objektive sind gar nicht selten ... nur deren Wechselobjektive!
Enorm viele Nachkriegs-Sucherkameras und Faltkameras waren mit Steinheil Festobjektiven ausgerüstet. Bekannt war die Marke auch für Großformatobjektive.
Die meisten Steinheils waren "Cassar" oder "Cassarit" gemnannte 45mm oder 50mm Festobjektive für Sucherkameras.

KAMERAGESCHICHTE:

Anfang der 1950er begann man bei Steinheil München eine Baureihe Kleinbildobjektive für die EXAKTA herzustellen. Dementsprechend haben die allermeisten Steinheil Wechselobjektive auch das EXA-Bajonett. Gleichzeitig wurden aber auch kleinere Stückzahlen für das LEICA M39-Bajonett (auch L39-Bajonett genant) hergestellt.
Die geringsten Stückzahlen wurden dann auch noch in M42 ausgeliefert .... die allermeisten mit FEET-Skalen für den Export.
Das Deutschlandgeschäft lief natürlich sehr schleppend. So kurz nach dem zweiten Weltkrieg hatte Anfang der 1950er Jahre kaum jemand das Geld für die damals sündhaft teuren Objektive, die zum Besten zählten, was man für viel Geld kaufen konnte.
Und die Geschäfte liefen bestens! Steinheil konnte bis Mitte der 1960er Jahre die Nachfrage trotz der hohen Verkaufspreise nicht befriedigen .... insbesondere die Wechselobjektive hatten lange Lieferzeiten.
Warum man die Produktionskapazitäten nicht erhöhen konnte, weiß ich nicht ... vielleicht wollte man das gar nicht ... jedenfalls, die Sachen sind selten!
Was ich oben zeige ist also ein superseltenes M42-Set aus vier winzig klein bauenden sehr frühen Kleinbild-Objektiven, die zwischen 1951 und 1955 hergestellt wurden und metrische Skalen haben.
Die Idee, grundsätzlich Doppelskalen (also Meter und Feet) zu prägen, kam erst später ab Mitte der 1950er auf.

Bild -16.jpg

WARUM DIESE OBJEKTIVE AN DER GFX???

Ganz einfach .... weil's funktioniert😊

Ich habe nicht schlecht gestaunt! Nun ist der Bildsensor einer Fuji GFX ja 70% flächengrößer als der einer Kleinbild-DSLR ... aber .... alle vier "STEINHEILIGE" leuchten ihn komplett aus.
Selbstverständlich ist das mitnichten! Die allermeisten Kleinbild-Objektive sind an der GFX nur im KB-Mode zu gebrauchen. Dieses Quartett aber funktioniert an der Kamera mit Vollausleuchtung des Bildsensors.

DAS 35mm "Culmigon" ist eine besonders interessante Optik, weil's eines der allerersten Kleinbild-Weitwinkelobjektive überhaupt war.

Erst im Jahre 1951 wurde es technisch überhaupt möglich, Weitwinkelobjektive für Kleinbild-Spiegelreflex Kameras zu bauen. Das Problem war, dass man wegen des Klappspiegels einen Mindestabstand von etwa 45mm zur Filmebene einhalten musste und so die Rücklinsen der Objektive nicht näher an die Filmebene setzen konnte, was kurze Brennweiten zunächst unmöglich machte.
Im Jahre 1951 erfand dann der Franzose Pierre Angénieux das RETROFOCUS-Prinzip, mit dem sich zunächst einmal 35mm Weitwinkel f:4,5 bauen ließen! Jahrelang gab es keine 35er mit höherer Lichtstärke und auch keine kürzeren Weitwinkel.
In Jena war man schneller .... das UR-Flektogon wurde das erste (ost)deutsche 35mm KB-Weitwinkelobjektiv. 1955 war man dann bei Steinheil auch so weit ..... das oben gezeigte 35mm f:4,5 CULMIGON wurde das erste Steinheil KB-Weitwinkelobjektiv ..... taugt es noch heute??? Wir werden es uns ansehen .... nicht nur an Kleinbild, sogar am FIJI-LARGE FORMAT.

Bild -18.jpg

OBJEKTIVE: STEINHEIL MÜNCHEN

Culmigon 35mm f:4,5
Cassar 50mm f:2,8
Culminar 85mm f:2,8
Culminar 135mm f:4,5

Kann's gleich losgehen?? NEIN LEIDER NICHT!

Nach zähen Verhandlungen auf dem Trödel (und ich kann feilschen wie der Getreidehändler🤣😂) kommt mir der Verkäufer sehr weit entgegen und ich bezahle für das 35mm Culmigon und das 85er Culminar einen sehr sehr günstigen Preis. Beide Objektive sind in traumhaft gutem Zustand .... glasklare Linsen Fokussierung geschmeidig Blenden wundervoll beweglich schönes Äußeres.
DEAL! 😅 Ich will schon mit meinem Schnäppchen gehen, da ruft mich der gute Mann zurück .... HIER SCHENKE ICH DIR! .... Ich bekomme das defekte 50er Cassar noch dazu, das er hevorgekramt hatte. Die Blende ist kaputt! Lamellen verbogen oder lose im Inneren der Optik .... ich bedanke mich und nehme auch das Cassar gerne mit.

Werde ich es reparieren können?

Bild -1.jpg

Und ja ... mit einem Trick kann ich die Blende wieder instand setzen!
Das Problem ist eigentlich ohne Ersatzteile (die es natürlich nicht gibt!) unlösbar! Einmal verbogene Stahlamellen kriegt man nie wieder glatt gezogen.
Sie bleiben immer etwas wellig. Dadurch faltet sich das Lamellenpaket zu dick auf und der Stapel passt nicht mehr zwischen die beiden Führungsscheiben.
Die Blende öffnet nicht mehr, weil die verbogenen Lamellen einfach nicht mehr dazwischen passen wollen.
Ohne Ersatzteil kann man nur eines machen .... eine der Lamellen ausbauen, so dass die verbleibenden dann wieder passen. Oben sieht man, dass weniger mehr ist!
Dass von den ehemals 12 Lamellen jetzt eine fehlt, sieht man nur, wenn man's weiß! Die Blende schließt immer noch FAST kreisrund und öffnet jetzt wieder ganz!

Bild -6.jpg

Bild -8.jpg

Operation geglückt!

Alte Objektive zu zerlegen ist und bleibt RISKANT! Das erfordert das notwendige Spezialwerkzeug dafür (hat sich bei mir schon sehr gelohnt!) ruhige Hände, viel Geduld
und (ganz klar!) auch Glück! Ich hatte letzteres ... das Objektiv ist wieder einsatzbereit!
Tja .... dann war's ein Trio .... wie wurde es zum Steinheil Quartett??!😂

Das 135mm Culminar habe ich mir dann im Internet gesucht und gekauft ..... wo die Liebe hinfällt!

Das 135mm kam in sehr gutem Zustand ..... nur die Fokussierung war viel zu schwergängig. Nach 70 Jahren verharzen die uralten Schmierfette leider so sehr, dass es eher in die Richtung Klebstoff geht!

Abhilfe: Natürlich ist es die eleganteste Lösung, die Fokussierung komplett zu zerlegen, zu entfetten und modernes synthetisches Schmierfett einzusetzen.
MACH ICH ABER NICHT GERNE, weil dabei sehr viel schiefgehen kann .... und wenn es nur dazu kommt, dass die Meterskale neu geeicht werden muss!!

Ich habe also nur die Optikeinheit ausgebaut, den leeren Tubus dann im Backofen warm gemacht und in WD40 Kriechöl eingelegt. Dann das Kriechöl in das alte Fett quasi eingedreht und so wieder geschmeidig gemacht .... jetzt läuft die Fokussierung wieder wie in warmer Butter!😅

SMART REPAIR!😂

Bild -15.jpg

Wird das schöne Quartett an der GFX abliefern? Wir gucken uns das im zweiten Post dann mal zusammen an!

Arbeiten mit den vier Winzlingen:

Reizvoll ist die extreme Kompaktheit dieser vier Objektive, gerade im Vergleich zu den riesigen und klobigen Fuji-Originallinsen .... Abstriche gibt es aber natürlich beim Bedienungskomfort:

Alle vier haben Bokehschöne vielblättrige absolut kreisrund schließende Blenden, die aber natürlich manuell gestellt werden müssen!

Springblende? IST NICHT!
Vorwahlblende? IST AUCH NICHT!
Blendenrastung? GIBT ES NICHT!
Autofokus? DAVON WURDE 30 JAHRE SPÄTER NOCH GETRÄUMT!

Tja .... da muss alles manuell passieren .... echt spartanisch .... aber spannend!

Bild -9.jpg


Unterwegs mit den vier STEINHEILIGEN ...... bleibt 'dran ..... es gibt noch Photos zu gucken!😂

Grüße und schöne Photos

Klaus
 
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oz75

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Eine TOLLE Reportage über den Erwerb, die Geschichte und Reparatur der "Steinheiligen". :D

Bin auf die Bespielbilder gespannt. :)
 
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Franzl

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Ich kann mich nur anschließen, eine TOLLE Reportage. Sehr gut, dass du die Schätzchen wieder repariert und für den Einsatz klar gemacht hast. Auf die Bilder warte ich mit freuden
 
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Steinheil Cassar S 50mm f:2,8😊

Für 50mm Kleinbild-Objektive war Anfang der 1950er eine Offenblende von 1:2,8 schon guter Standard.
Natürlich gab es auch F:2 Objektive (wie z.B. das Carl Zeiss Jena Biotar 58mm f:2), Man schaffte es aber (aus den Gründen, die ich oben nenne) lange nicht, bei solchen Lichtstärken die Normalbrennweite zu halten! Oft hatten -wegen des Platzbedarfs (Filmebene zur Rücklinse)- lichtstärkste KB-"Normalonbjektive" dann 55mm oder sogar 58mm Brennweite und das ist schon ziemlich "telig".

EIGENTLICH gilt als "NORMALBRENNWEITE" die Diagonale des Aufnahmeformates.
Streng genommen wären das bei 24x36mm sogar nur 43mm, so dass schon 50mm an einer Spiegelreflexkamera im Grunde etwas "hochgegriffen" sind.

Alles gut also! ....

Das FUJI-Großformat (Senrorgröße 44x33mm) kommt rechnerisch auf eine Format-Diagonale von 55mm.
Dennoch nennt Fuji hier eine längere Brennweite "NORMAL" nämlich 63mm.

Will sagen .... Das Cassar ist an der FUJIFILM GFX schon ein leichtes Weitwinkel, wenn die ganze Sensorfläche nutzbar ist.


Bild -3.jpg

Bild -4.jpg

Wir gucken also mal, was mit den Cassar geht, bzw, ob es möglich ist, mit diesem winzigen Objektiv den angedachten KB-Bildkreis kräftig zu überziehen??!

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Bild -87.jpg

Bild -27.jpg

Fest steht bis hierhin .... das Cassar schafft GFX-Ausleuchtung .... ohne Vignettierung bei allen Blenden!

Die Aufnahme oben ist Offenblende und man erkennt ansatzweise hier auch sein charakeristisches Seifenblasenbokeh ... sehr soft .... sehr schön und dank der aufwendig gemachten 12-Blatt Blende auch abgeblendet sehr ansprechend.

🤤(meins hat nur noch eine 11-Blatt-Blende, wie ja oben geschrieben .... was man in der Bildwiedergabe aber nicht merken wird!)

Alle nachkriegs-STEINHEILS sind vergütet! Natürlich noch nicht mit der Qualität modernster aktueller Bedampfungen aber ich kann über verschleierte oder zu kontrastarme Bildergebnisse nicht klagen.

Bleibt eine wichtige Frage ..... KANN EINE SO URALTE (STEINALTE🤩) Optik tatsächlich scharf sein und an einer Kamera, wie der GFX überzeugen????

TOTALE:

Bild -88.jpg

So .... und jetzt soll im Rahmen einer polizeilichen Ermittlung das Nummernschild des BMWs erkannt werden??!
Wird das Cassar dienen können?
Man muss sich einen 100% Crop aus einer 51MP Aufnahme vorstellen, wie NASE vor PLAKATWAND!

50mm-Crop.jpg

Also mir fiel die Kinnlade runter! HAMMER! Dieses winzige uralte Schätzken kratzt an der Auflösungsgrenze von 51 Megapixeln!
Natürlich wäre das Nummernschild in einer der Bildecken der GFX nicht mehr lesbar .... aber auch moderne Objektive haben Randabfälle.
Das Cassar liefert im ureigenen Kleinbild-Leuchtkreis schon offen astrein ab ... da gibt es gar nix zu mäkeln!
Aber auch am erheblich größeren Bildkreis der GFX-Kamera ist der Randabfall sehr akzeptabel. Sind die Bildränder motivbedingt wichtig, sollte abgeblendet werden, dann kommen auch die äußersten Bildränder knackig an.
An einer GFX ist Abblenden in Sachen Transmission selten ein Problem. Die ISOs können sehr hoch gewählt werden, so dass eigentlich immer verwackelungssichere Verschlusszeiten machbar sind.
Motive, die selektive Schärfe "möchten" können praktisch immer auf schärfste Bildecken verzichten.

INSOFERN darf ich diesem uralten Gläschen nicht nur Kleinbild, sondern sogar GFX-Tauglichkeit bescheinigen .... DAUMEN HOCH!

Natürlich sind alle oben gezeigten Aufnahmen GFX-Full Frames ... also kein Beschnitt .... Ausnahme der Crop ganz unten!

Fazit:

Die Bedienung dieses Oldtimers ist nach heutigen Maßstäben unmöglich umständlich ... das Dingen kann NIX!
Fokussieren ist zwar an der GFX Dank modernster Fokussierungshilfen superexakt möglich, sollte aber natürlich bei Offenblende passieren.
Schon das Einstellen einer genauen Arbeitsblende erfordert das Absetzen der Kamera, weil die Blende nichtmal eine Rasterung hat, man die "Klicks" beim Abblenden auf Arbeitsblende deswegen nicht zählen kann .... Du musst am Objektiv "gucken".
Erfahrene Photographen können an den angezeigten Verschlusszeiten (Zeitautomatik) die Blende aber ganz gut schätzen .... gelingt mir i.d.R. Wie gesagt .... nichtmal Vorwahlblenden hatte man damals verbaut.

Wer gerne so "steinzeitlich" photographiert, muss sich über mangelnde Bildqualität (auch an der GFX) nicht beklagen .... eine Optik mit Charakter und einem schönen soften Seifenblasenbokeh.
Mir macht sowas Spaß!

Grüße und schöne Photos😊

Klaus

P.S. Weiter geht es dann mit dem 35mm Culmigon .... einem der allerersten Kleinbild Weitwinkel überhaupt .... Wir schreiben die frühen 1950er Jahre ......STAY TUNED!😊
 
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CULMIGON 35mm f:4,5 ..... 😊

Wie oben schon zerlegt, war das Steinheil Culmigon 35mm f:4,5 das allererste Steinheil Kleinbild Weitwinkel
Objektiv und eines der ersten Kleinbild WWs überhaupt!
Erst das Retrofokus-Prinzip (eine Erfindung von Pierre Angénieux aus dem Jahr 1950 oder 1951 (je nach Quelle) machte Weitwinkel Brennweiten an Spiegelreflex-Kameras überhaupt möglich.
Wie oben schon geschrieben waren die Münchener nicht die ersten , die das konnten (in Jena war man mit dem UR-Flektogon zwei Jahre voraus), aber in 1955 wurde dann bei Steinheil das Culmigon fertigungsreif.

Bild -18.jpg

Eine Offenblende von f:4,5 war bei allen frühen 35ern Standard und konnte in den Folgejahren nur langsam und schrittweise auf f:3,5 bis schließlich f:2,8 verbessert werden.
Ich habe einige (lichtstärkere) 35er in meiner Sammlung, die eher mal nicht wirklich taugen .... auch abgeblendet nicht.
Im Zweifel gilt für mich .... Besser lichtschwach, als unscharf!

Wie man oben sieht, ähnelt das CULMIGON dem etwa 4 Jahre früheren CASSAR in Design und Baugröße sehr! Auch das CULMIGON ist ein Winzling und trotz der Ganzmetall-Bauweise natürlich federleicht.

Die Technik ist bei allen vier hier vorgestellten Objektiven die Gleiche:

Springblende? IST NICHT!
Vorwahlblende? IST AUCH NICHT!
Blendenrastung? GIBT ES NICHT!
Autofokus? DAVON WURDE 30 JAHRE SPÄTER NOCH GETRÄUMT!

EGAL .. das Objektiv ist ein Augenschmaus in Alu!😊

Aushgehärtete Aluminiumlegierungen gab es zwar auch schon vor dem Weltkrieg, dennoch war Aluminium in den 1950ern ein noch "junger" Werkstoff .... teuer und edel .... und löste das Messing als
Werkstoff für optische Geräte dann endgültig ab. Gewinde, Scheiben und Madenschrauben wurden aus Stahl gefertigt, Kunststoffen traute man in den 50ern noch gar nicht über den Weg .... ausgenommen waren die Bakelit Rückdeckel und die "modernen" Elastomer-Frontkappen.

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Bild -90.jpg

Was kann das steinheilige CULMIGON nun an einer GFX-50 .... gucken wir es uns an:

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Bild -68.jpg

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Ein 100% Crop aus Bild 3 Oben:

35mm-Crop.jpg

Nun, wer die optische Leistung des Cassars bewundert, kann durchaus weiter staunen.
Das UR-Weitwinkel liefert brillant scharfe Aufnahmen nicht nur an Kleinbild, sondern bis in die Bildecken auch am 44x33mm Bildsensor der GFX ab.
Natürlich ist auch hier ein Randabfall zu konstatieren, welcher aber sogar im Vergleich zum Cassar noch moderater ausfällt .... keinesfalls augenfällig oder matschig.
Allein die Vignettierung des Culmigons (nur am GFX-Sensor, gar nicht an Kleinbild) ist etwas stärker, aber leicht digital korrigierbar. Diese moderate Ecken-Vignettierung nimmt abgeblendet dann stark ab.

Ich darf dem Culmigon hiermit volle GFX-Eignung bescheinigen .... UMSO ERSTAUNLICHER, als dass ich KEIN EINZIGES M42 35er sonst besitze, dass an der GFX verwendbar wäre ..... und ich habe wirklich viele!

FAZIT:

Fast unglaublich gute optische Leistung dieses uralten historischen Objektives an einer Kamera, für deren Ausleuchtungskreis es nie gedacht war. Seine Winzigkeit macht es gerade für die "Rangefinderstyle" GFX-50R zu einer stylistischen Ikone.
Handlicher geht FUJIs Large Format-Idee wirklich nicht mehr.
Wer Spaß an der Umständlichkeit der Bedienung solcher historischer Objektive hat, wird auch mit dem Culmigon in Kombination mit einer Fuji GFX sehr hochwertige Aufnahmen mit dem Objektiv machen können!

Die GFX hat einen KB-Cropfaktor von 0,79. Das bedeutet, dass das Culmigon einer KB-Brennweite von knapp 28mm an der GFX entspricht .... das ist schon wirkliches Weitwinkel!

HUT AB! Das ist wirklich deutsche Werarbeit, wie man tatsächlich sieht!

Die Frage, ob das hier alles nur Nostalgie ist, oder ob ich mir vorstellen kann, tatsächlich mit STEINHEIL MÜNCHEN an der GFX loszuziehen, will ich am Ende dieses Berichtes beantworten.


Grüße und schöne Photos😊

Klaus

P.S. Weiter geht es mit dem CULMINAR 85mm f:2,8😊

STAY TUNED!!
 
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tippex

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Du hast wieder einmal bewiesen, dass alte Objektive auch an modernen Digitalkameras gut abliefern!
 
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Du hast wieder einmal bewiesen, dass alte Objektive auch an modernen Digitalkameras gut abliefern!
Danke für dein Interesse und den Kommentar. 😊

Nicht wirklich alle alten Objektive taugen an modernen (und auch alten) Kameras!
Tatsächlich wurde auch nicht wenig minderwertiges Zeugs gebaut und unter das Volk gebracht.
Ich recherchiere aufmerksam und trotzdem habe ich im Laufe der Jahre auch einige "Flaschenböden"
erstanden.
Nicht schlimm .... Briefbeschwerer braucht man ja auch!😅😂🤣

Zwei Objektive stehen ja noch aus .... aber ich darf vorwegnehmend jetzt schon sagen, dass ich beeindruckt bin!
Von Steinheil München kenne ich natürlich deren Festobjektive in einigen meiner Mittelformat-Faltkameras.
Allesamt rattenscharfe brillante Objekjtive ... teilweise aus noch früheren Jahren.
Über die wirklich sehr seltenen Kleinbild-Objektive war ich ja (bis zu dieser Zufalls-Begegnung) noch nie gestolpert.
Wie gesagt ... wenn man sowas bekommen kann, dann ist das oft erheblich teurer, als modernes Gerät ....
Warum sollte man das bezahlen, wenn es günstigeres (auch tolles) von Zeiss Jena gibt??!

Was mir schwer RESPEKT abnötigt ist die Qualität dieser Sachen vor dem historischen Hintergrund ihrer
Zeit!!

1950 waren sehr viele Menschen im Nachkriegseuropa (und besonders in Deutschland) froh, wenn sie zu essen hatten! Da müssen solche Produkte einfach beeindrucken.

Wer sich mit Fertigungstechnik auskennt weiß, wie viele Arbeitsstunden Handarbeit (Präzisionsarbeit) damals erforderlich waren, um sowas zu machen!
Alles ohne Computer und NC-Fertigungsmaschinen!
Was heute "teuer" erscheint, war damals für die Allermeisten unbezahlbar.
Ich habe mal recherchiert .... Anfang der 1950er wurde im Duchschschnitt etwa 300,-DM Brutto im Monat verdient.
Eine DM hatte damals die Kaufkraft von heute etwa 3,-€ ... aber alle Vergleiche hinken, weil der Warenkorb von damals mit dem Warenkorb von heute einfach nicht vergleichbar ist .... technische Produkte waren einfach um ein Vielfaches teurer als heute, der Lebensstandard unvergleichlich niedriger!

Ein Culmigon dürfte Mitte der 1950er etwa 250,-DM gekostet haben .... ist nicht mehr ganz genau feststellbar. Ein kleines Vermögen also! Trotzdem LIEFERZEITEN???
Das war weltweit geschätzte Spitzentechnik und das sehe ich gerade am Bildschirm!

ÜBRIGENS: Kein Film der Welt kann die 100%-Crops, die ich oben zeige auflösen. Diese und auch andere Objektive waren ihrer Zeit im Grunde weit voraus! Ihre wirklich Auflösung können erst heute die modernen Digitalkameras mit ihren Megapixelsensoren aufzeigen .... zu Filmzeiten hat das niemand je gesehen!

Grüße und schöne Photos

Klaus

P.S. Stay tuned mit 85mm ern wird es weiter gehen!😊
 
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Sehr spannend. Das 35er Culmigon schlägt das 50er Cassar. Sage ich einmal als jemand, der als allererstes in die extremen Ecken schaut. 😁

Insgesamt eine starke Leistung der Oldies! 👍👍
 
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CULMINAR 85mm f:2,8

Klassische 85mm Objektive sind inzwischen besonders gesucht ... fast schon egal, welche! Der Grund ist simpel .... es gibt viel zu wenige davon!

Wie oben schon erwähnt kosteten Wechselobjektive in den frühen Jahren mittlere Vermögen.
Eine übliche Kleinbild Traumausrüstung bestand in den 1960ern aus einem 35mm, einem 50er und einem 135mm Objektiv. Oft kam noch ein 2X-Telekonverter hinzu.
Ab Mitte der 1970er wurden Sets aus eben diesen drei Basis-Brennweiten oft "günstiger" angeboten .... so auch von Photo Quelle, Porst und anderen.

Die sog. "Portrait-Brennweite" fand dabei weit weniger Beachtung, denn Portraits konnte man wahlweise auch ganz gut mit 50mm oder 135mm machen.

Nicht zu vergessen ..... zum Zeitpunkt der hier beschriebenen Steinheil-Baureihe gab es noch KEINE Zoom-Objektive. Das weltweit allererste Zoom-Objektiv war ebenfalls eine deutsche Erfindung. Das Voigtländer ZOOMAR 36-82mm kam erst 1962 auf den Markt und war eine Sensation.

Das Culminar 85mm ist ebenfalls ein sehr hübsch gemachter Winzling.....

Bild -99.jpg

Vom Durchmesserher her überragt es das kleine M42-Kamera-Anschlussgewinde kaum. Kompakter geht es kaum noch.

Hier mal ein Größenvergleich zu einem modernen MITAKON 85mm f:2 ..... da kann man abschätzen, wie wenig Platz das "Steinheilige"😊 in einer Phototasche/-rucksack einnimmt:

Bild -98.jpg

Liefert auch dieser Oldtimer ordentlich ab ... sogar an der Fuji GFX?

Aufnahmen mit dem Culminar 85mm f:2,8 an der Fuji GFX-50R .... sinnvollerweise unbeschnitten:

Das 85er CULMINAR hat einen Mindestfokus von einem Meter. Das ist auch heute noch ein guter Wert für ein 85mm Objektiv. In diesem Fall habe ich den Mindestfokus mit einem 25mm M42 Zwischenring verkürzt. Erstaunlicherweise vignettiert das Objektiv dann IMMER NOCH NICHT an der GFX!
Die Verwendung von Makro-Zwischenringen verkleinern nämlich den Ausleuchtungskreis .... 👍

Bild -33.jpg

Crop aus dieser Aufnahme (Offenblende f:2,8):

85mm-Crop.jpg

Offenblende:

Bild -39.jpg

Blende 5,6:

Bild -40.jpg

Bild -44.jpg

Crop aus diesem Bild:

85mm-Crop-2.jpg

Jooo.... inzwischen überrascht es nichtmal mehr .... auch und gerade das 85er Culminar überzeugt an der GFX mit sehr schöner Kontrastwiedergabe, tadelloser Offenschärfe und promblemloser Vollausleuchtung des GFX-Bildsensors. Die optische Leistung dieses 70 Jahre alten Objektives lässt IMHO rein gar nicht auf
sein Greisenalter schließen.😊
Rein subjektiv betrachtet ist das CULMINAR 85mm f:2,8 eines der hübschesten Objektive, das ich so besitze .... wirklich NICE!

Grüße und schöne Photos

Klaus

Weiter geht es mit dem letzten STEINHEILigen aus diesm Quartet, dem CULMINAR 135mm f:4,5
 
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Klaus-R

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CULMINAR 135mm f:4,5

Bild -96.jpg

Auch das hübsche 135er Culminar ist ein zierliches und leichtes Objektiv .... aber .... es geht kürzer!
Hier mal der Vergleich mit einem "moderneren" Revuenon 135er aus den 1980ern:

Bild -100.jpg

Abgesehen davon, dass das Revuenon kürzer baut, darf es durchaus etwas "dicker" sein, da es mit f:2,8
etwas mehr als eine Blendenstufe an maximaler Öffnung bietet.

Wie kommt die Baulänge?😊

Das Steinheil ist zwar ein Teleobjektiv, aber noch nicht in der heute selbstverständlichen "TELEBAUWEISE"
konstruiert.
Das CULMINAR leitet sich aus der noch bis Mitte der 1960er Jahre verwendeten "TRIPLET-Bauweise" ab.
Typische Vorkriegs-Tele-Rechnungen kamen -mit moderaten Lichtstärken- mit dreilinsigen Triplet-Konstruktionen aus. Damit waren Teleobjektive hervorragend zu korrigieren, lieferten knackscharfe und kontraststarke Aufnahmen und sogar unvergütete "Triplet"- Tele konnten mit drei Linsen kontrastreiche Aufnahmen abliefern. Einen Nachteil hatte die Triplet-Bauweise aber .... die Objektive waren alle sehr baulang! Sie hatten alle in etwa die Länge ihrer Brennweiten.
Bei 135mm Brennweite spielt dieser Nachteil noch keine Rolle, spätestens aber bei den 200ern oder 300ern hört es dann auf! Auch Steinheil hatte damals ein 200mm f:4,5.
Das Steinheil TELE-QUINAR 200mm f:4,5 ist nicht mehr klein und handlich, sondern klobig, schwer und lichtschwach. Optisch sicher klasse.

Sehr deutlich wird die spätere Entwicklung hin zu "echten" Teleobjektiven auch bei CARL ZEISS JENA, wo Anfang der 1960er Jahre das 135mm f:4 TRIOTAR vom 135mm f:4 SONNAR abgelöst wurde!

Das Sonnar war optisch keinesfalls besser, als das nur dreilinsige Triotar, aber nur noch halb so lang und schwer.😊

"Echte" Telekonstruktionen kommen allerdings nicht mehr mit drei Linsen aus und sind damit auch auf Vergütung angewiesen.

Mit dem Culminar greift Steinheil allerdings "höher". Das Culminar ist vergütet und eine vierlinsige Rechnung (Vier Linsen in drei Gruppen). Durch die Verkittung der mittleren Gruppe entsteht aber das
typische Telebokeh eines Triplets dennoch.
Übrigens ..... Die Triplet-Bauweise bietet den Vorteil, dass Rücklinse und Filmebene maximalen Abstand bekommen! So wurden auch die Faltkameras im Mittelformat möglich.
Beim Culminar -übrigens auch beim 85mm- lassen sich die Optik-Köpfe einfach vom Tubus abschrauben:

Bild -101.jpg

Steinheil bot -einer Quelle nach- auch einen Balgen-Adapter NUR für den Optik-Kopf an. Das soll den Vorteil gehabt haben, dass man so auch mit einem Balgengerät bis unendlich fokussieren konnte. Leider habe ich einen solchen Schraubadapter nicht ermitteln können .... wobei????..... Welchen dringenden Sinn macht es, mit einem Balgengerät unendlich fokussieren zu können???🤪

Der Mindestfokus des 135er Culminars beträgt sehr gute 150cm .... übrigens gleich auf mit dem oben gezeigten Revuenon. Kürzere Abstände sind mit M42 nie ein Problem .... die kleinen Schraub-Zwischenringe hat man einfach immer dabei .... und auch M42-Telekonverter sind sehr praktisch.
Ob und wie das funktioniert zeige ich gleich noch.

Aufnahmen mit dem Culminar 135mm an der Fujifilm GFX 50R:

Bild -77.jpg

Crop aus dieser Aufnahme:

135mm-Crop.jpg

So .... jetzt schrieb ich ja oben schon, dass das 200er Steinheil nicht sonderlich attraktiv ist, wenn es klein, leicht und transportabel bleiben soll, so dass sich der Einsatz eines Telekonverters schon lohnend darstellt.

Genau das habe ich ausprobiert! An der GFX gibt es eine besondere Herausfoerderung. Nicht nur das Objektiv muss den großen Bildsensor schaffen, sondern der Telekonverter muss das auch können.
Das ist tatsächlich ein Problem, denn viele meiner alten M42 TKs (ich habe einige) schaffen das überhaupt nicht..... der verwendete schon:

135er CULMINAR mit 2X-Telekonverter = 270mm f:9

FULL FRAME:

Bild -83.jpg

CROP:

135mm-Crop-2.jpg

270mm in MINI .... aber f:9 ???

Tatsächlich ist die geringe Lichtstärke bei 270mm gerade an der Fuji nicht das Problem, weil man da selbst bei dürftigem Licht mit sehr hohen ISOs rangehen kann.

Nahbereich und Bokeh:

An der Naheinstellgrenze (150cm):

Bild -72.jpg

Mit einem 25mm Zwischenring: (ca. 50cm Aufnahmeabstand)😊

Bild -76.jpg

Auch hier zeigt sich, dass selbst mit Zwischenring die Vollausleuchtung des Bildsensors immer noch
völlig unproblematisch ist. Das "TRIPLET" Bokeh spricht für sich.

Beide Culminare -auch das 85er- haben sehr schöne 16-Blatt-Blenden, so dass auch abgeblendet kreisrunde Blendenöffnungen resultieren.

FAZIT:

Auch das 135er STEINHEILige liefert prima ab. In Sachen Handling und Bedienung gilt das oben schon für die anderen Heiligen genannte😊 .... umständlicher geht nicht!

Kann ich mir vorstellen, mit dem Quartet tatsächlich loszuziehen??

JA .... das kann ich mir sehr gut vorstellen und die Steinheiligen passen mit ihrer "Winzigkeit" und ihrer optischen Leistung doch auch sehr gut zur Idee dieser "Rrangefinder-Like" Kamera.

Klar, wenn's sehr schnell gehen soll und AF gebraucht wird, dann sind diese Objektive im Nachteil .... dann habe ich ganz andere Optionen, von denen ich auch noch berichten kann.

Für das ganz kleine Photogepäck (zwischen 35 und 270mm Brennweite) ist dieses uralte Quartet eine
gute Idee .... insbesondere ja auch dann, wenn der optische Charakter solcher Optik eine Rolle spielen
darf oder soll.

Ich hoffe, dass dieser NOSTALGIE-Faden interessant war und vielleicht dem einen oder der anderen Lust
verschafft, vielleicht mit der eigenen Systemkamera auch mal "was Altes" zu probieren.

Eine Kaufempfehlung für STEINHEIL MÜNCHEN zu geben, macht leider nicht ganz viel Sinn, weil man speziell diese Sachen wirklich kaum bekommt und wenn, dann wohl unangemessen teuer.
Es gibt aber reichlich alternative Optionen mit ebenfalls sehr schönen Sachen.

Grüße und schöne Photos

Klaus
 
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oz75

oz75

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Die beiden Culminare überzeugen wirklich auf ganzer Linie! 👍👍

Vielen Dank für das Füllhorn an Informationen rund um die Steinheiligen! Klasse!! 👍👍👍
 
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