
Klaus-R
Moderator
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Hallo zusammen,
also ... ich hatte schonmal eine TLR .... ist aber ziemlich genau 50 Jahre her:

Wie das Leben so spielt ... jetzt habe ich wieder eine!
Was genau ist aber eine TLR-Kamera?!
TLR steht für Twin Lens Reflex Camera.
Damals (zu ihrer Zeit!), als noch nicht alles "eingedenglischt" war, nannte man sie "Schachtsucher-Kameras" oder "Doppelaugen-Kameras".
TLRs haben immer zwei Objektive! Beide Objektive MÜSSEN die selbe Brennweite haben, sie müssen aber nicht genau baugleich sein. Die obere ist immer die sog.
Sucher-Optik (Viewing Lens), die untere immer die sog. Aufnahme-Optik (Taking-Lens).
Schachtsucher Kameras waren (sind) fast ausnahmslos 6x6 Mittelformat Kameras! Das quadratische Aufnahmeformat ist quasi zwingend, weil das Hochformat-Drehen der Kamera praktisch unmöglich ist.
Es gab WENIGE heute bei Sammlern sehr beliebte 4x4 cm TLR Kameras:
Rolleiflex 4x4
Diese Kameras benötigen die eigentlich ausgestorbenen TYP 127 Rollfilme. Inzwischen gibt es wieder TYP 127 Rollfilme .... sehr teuer und nur zwei Typen .... schön, dass man auch solche Exoten wieder benutzen kann!
So kann man im Moment einen einzigen 127er Farb Umkehrfilm (also Dia-Film) bekommen:
Rera Chrome 100 Rollfilm 127
....und einen 127er SW ISO 400er:
Rera Pan 400 Rollfilm 127
Feierabend! Schade, dass es nicht wenigstens einen Farb-negativ-Film gibt ... warum gerade DIA??? Das erschließt sich mir jetzt nicht wirklich ... aber wenigstens gibt's die wieder, nach Jahren der Nichtverfügbarkeit!
Kein Vergleich mit dem Typ 120 Rollfilm-Angebot! Der ist ebenso etabliert, wie der KB-35mm Film.
Typ 120 Rollfilm gibt es tatsächlich seit 1887, als er patentiert wurde.
Das Interessante am 6x6 Mittelformat ist ja gerade, dass man sich Hochformat-Motive im quadratischen Sucherfeld vorstellen können muss.
Selbiges gilt natürlich auch für nicht quadratische Querformat-Motive .... IMHO gibt es kaum Motive, die quadratisch eine gute Bildwirkung haben. Das Thema Bildschnitt ist bei
6x6 Mittelformat Kameras also ein Thema, das gleich bei der Aufnahme Berücksichtigung finden muss.
Es gab/gibt 6x6 Diaprojektoren .... für mich schon damals uninteressant, weil quadratische Bilder nix für mich sind ... wie gesagt!
Schachtsucher Kameras erzeugen im Sucherschacht auf einer Mattscheibe erstaunlich helle und scharfe Sucherbilder, die IMMER seitenverkehrt sind, woran man sich aber schnell
gewöhnen wird. Fast immer hilft zusätzlich ein Schnittbild-Indikator und eine klappbare Sucherlupe beim exakten Fokussieren.
Alle TLRs haben Vor- und Nachteile:
Vorteile: Exakte und einfache Fokussierung durch Spiegelreflex-Technik. Sehr gute Bildqualität durch üblicherweise sehr gute Optik und Mittelformat Aufnahmetechnik.
Interessante Kameraführungsoptionen durch die Schachtsucher-Bauweise. Immer Zentralverschluss und deswegen alle damit verbundenen Vorteile.
Nachteile: Keine Wechselobjektive (einzige Ausnahme Mamiya-C TLR Kamerasystem ... sehr interessant aber vielleicht mal an anderer Stelle). Parallaxenproblematik (wenige Ausnahmen davon) ... Ich zeige unten eine der wenigen Kameras mit vollständigem Parallaxenausgleich.))
STOP HIER ... alles weitere konkret am Beispiel!
Keine Frage ... die Digfitalphotographie ist und bleibt die größte Innovation seit Anbeginn der Photographie, wenn mich einer fragt. Dennoch schwelgen die Erinnerungen an die vielen
Meilensteine der klassischen Kameratechnik!
Ich habe mir bei einem Händler in Solingen eine REVUE 6x6 gekauft und vergleichsweise viel Geld für das perfekt erhaltene Stück Nostalgie bezahlt.
Eigentlich handelt es sich bei meiner REVUE um eine SEAGULL 4a Kamera aus China, die zwischen 1968 und 1983 hergestellt wurde ... zu den Varianten später.
REVUE gelabelte Versionen sind selten und wurden so exclusiv für Photo QUELLE gefertigt. Ich habe hier also eine alte Photo QUELLE Kamera ergattert.

Im Netz wird behauptet, sie sei ein Nachbau der deutschen Rolleiflex 6x6 TLR.
Ich bin anderer Meinung! Ich glaube viel mehr, dass die Chinesen sich damals an meiner alten Yashica A (oben im Bild) orientiert haben.
Review – Yashica-A TLR Camera
Die Seagull 4A ist eine sehr hochwertige Kamera mit erstklassiger Optik und von hoher Fertigungsqualität. Sie gilt als zuverlässig und langlebig. Besonders der Zentralverschluss
verdient Anerkennug, weil er die nicht selbstverständlichen "langen" Verschlusszeiten (bis 1s) kann. Eben das war nicht selbstverständlich .... die Yashica A z. B. konnte nur bis zu 1/25s.
So hochwertig, wie ihr Ganzmetall-Gehäuse ist auch die "Verpackung" der alten REVUE 6x6.

Zur 4a gehörte auch eine Echtleder Tragetasche, die die Kamera sehr gut schützt.
Fast immer fehlen bei allen TLRs die problematischen Tragegurte! Die Gurte wurden an den hier gut sichtbaren "Nüppels" eingehakt und gelten als unzuverlässig. Nicht wenige solcher Kameras gingen zu Boden, weil sich die Gurte leicht lösen oder reißen. Ungemütlich waren sie sowieso .... weil zu dünn ausgeführt für das vergleichsweise hohe Kameragewicht.
Die Lösung sieht so aus .... einfach das Stativgewinde nutzen und einen modernen ergonomischen Gurt nutzen:

So kann die TLR sicher und bequem transportiert werden.
Die Seagull 4A ist eine (nach damaligen Maßstäben) luxuriös ausgestattete Kamera. Die Kamera hat mit 40mm eine eher geringe Sucher-Parallaxe (die Sucheroptik ist nur 40mm über der Aufnahmeoptik montiert).
Das Parallaxenproblem spielt generell nur im Nahbereich überhaupt eine Rolle. Erst bei Aufnahmeabständen unterhalb von 2,5m kommt es überhaupt zu nennenswerten Abweichungen zwischen Sucherbild und Aufnahmefeld.
Die 4a gehört zu den wenigen TLRs die gar kein Parallaxenproblem hat, weil sie das Sucherbild durch eine sich automatisch verschiebende Suchermaske wirklich ganz genau zeigt,
was auch auf den Film kommt ... ein gewichtiges Argument für die Chinesein!

Die 4a gehört zu den "besseren" TLRs, die einen automatischen Filmtransport haben. Das bedeutet, dass der Filmtransport automatisch beim nächsten Filmfeld stoppt.
Damit verbunden ist auch die damals keinesfalls selbstverständliche und IMHO wichtige Doppelbelichtungs-Sicherung.
Man muss also nicht über ein Schauglas die entsprechende Filmnummer manuell einstellen. Dementsprechend hat die 4a auch ein Aufnahme-Zählwerk .... 12 Aufnahmen gehen so auf einen Typ 120 Rollfilm.
Transportiert wird mit einer Klapp-Kurbel .... das allerdings ist eine Rolleiflex "Anleihe".

Wird nun ein Entriegelungsknopf gedrückt und die Kurbel GEGEN den Uhrzeigersinn gedreht, dann wird der Film nicht transportiert sondern nur der Verschluss neu gespannt.
WICHTIG! So sind nicht nur Doppelbelichtungen möglich, sondern auch ein Entspannen des Verschlusses, um diesen ggfls. zu schonen.
Problem bei diesen Kameras ist nämlich immer das folgende ... Wenn man einen neuen Film einlegt und dann bis Bild 1 transportieren muss, dann ist immer auch der Verschluss schon gespannt. Kommt es nicht zur Aufnahme, dann müsste man die Kamera mit gespanntem Verschluss ablegen ... das ist "ungesund" für die gespannten Federn .... soll man NICHT machen. Man kann bei dieser Kamera also die Optik mit Kappe abdecken, den Verschluss auslösen und ihn später (auch ohne Filmtransport) wieder spannen.

Sowohl die Verschlusszeit, wie auch die Blende werden frontal an Schiebern eingestellt. Die Verschlusszeit sollte möglichst VOR dem Filmtransport eingestellt werden.
Laut Anleitung darf das auch anders herum gemacht werden, es soll aber nicht gut für die Feinstmechanik sein. Letzteres sagen alle Experten und zwar für alle mechanischen Zentralverschlüsse aller Kameras ... man sollte es sich angewöhnen.
Nun hört sich 1/300s für heutige Verhältnisse nicht sonderlich "kurz" an, war aber auch für andere TLRs üblich und reicht für das 75mm Objektiv (Normalbrennweite sind 80mm) und die üblichen Filmempfindlichkeiten eigentlich aus.
Zentralverschlüsse (auch die modernen ganz schnellen) haben übrigens KEIN Problem mit Blitzsynchronisation. Sie synchronisieren immer bei allen Verschlusszeiten!
Die 4a hat sowohl einen Blitz-Kabelkontakt, wie auch einen sog. "Hot-Shoe". Der Hot-Shoe ist die Bezeichnung für einen Blitzschuh mit eingebauter Mittenkontakt-Auslösung
im Gegensatz zum "Cold-Shoe" anderer TLRs, die noch keinen Mittenkontakt mit X-Synchro hatten.
Das besondere ... der Schachtsucher:

Schachtsucher erzeugen i.d.R. sehr helle und gut zu beurteilende Sucherbilder (wie schon gesagt seitenverkehrt!)
Insbesondere bei Dunkelheit erleichtert eine ausklappbare Sucherlupe das ganz genaue Fokussieren.
Es geht noch mehr! Der Sucher lässt sich auch zum sog. Action-Finder klappen:

Klappt man vorne den Deckel ein, dann erhält man den klassischen Rahmensucher, der eine
seitenrichtige Schnellfokussierung ermöglicht. Optisches Fokussieren ist so natürlich nicht mehr
möglich. Ab 3m Aufnahmeabstand ist der Bildausschnitt hinreichend genau abschätzbar!
Modelle: AUFGEPASST!!!
Die Seagull 4 gibt es in zwei Ausführungen.
4a (wie ausgeführt)
4b (Unterschiede erwähne ich unten kurz in Stichpunkten)
Unterschiede Seagull 4b zum Modell 4a (oben beschrieben):
-kein automatischer Filmtransport (Transport über Schauglas und Drehrad)
-Verschluss muss einzeln gespannt werden
-keine Dopperlbelichtungs-Sicherung
-Kein Hot-Shoe (nur kontaktloser Blitzhalter)
-wahlweise auch 4.5x6 Aufnahmen möglich (nur wenn die dazugehörige Filmbühne vorhanden ist ... (einzeln NICHT zu kriegen!)).
Anmerkung: 4.5x6 mit einer Schachtsucher-Kamera ist IMHO nicht sinnvoll, da man sie nicht wirklich umdrehhen kann (für Hochformate!)
-KEIN PARALLAXENAUSGLEICH im Sucher-
Meine Empfehlung geht klar in Richtung Seagull 4a
Fazit:
Natürlich findet man im Netz auch Kommentare in Richtung "Chinaschrott!" usw..
IMHO ganz falsch! Die 4a ist eine hochwertig gefertigte TLR aus hochwertigem Material gemacht und mit vergleichsweise hochwertiger Ausstattung.
Leider hatte ich noch keine Chance, einen Film "durchzujagen" .... werde ich so bald wie möglich machen .... ich versacke leider im Moment mal wieder im Job ....

Dass sie klasse Bilder kann, sieht man aber z.B. hier:
WTS: Seagull 4 TLR - PhotoMalaysia Community
.... und sie ist noch bezahlbar .....
Alternative:
Wer für kleines Geld eine 6x6 Alternative sucht, dem sei die russische Lubitel empfohlen ....
Lomography - A Review of the Lubitel 166 Universal
Günstger geht TLR 6x6 zwar nicht mehr ... (wirklich ebenfalls gute Optik!)
Allerdings ereicht diese Plastik-Konstruktion nicht annähernd die Qualität einer 4a und die Ausstattung liegt noch weit unterhalb der 4b.
Grüße und schöne Photos
Klaus
also ... ich hatte schonmal eine TLR .... ist aber ziemlich genau 50 Jahre her:

Wie das Leben so spielt ... jetzt habe ich wieder eine!
Was genau ist aber eine TLR-Kamera?!
TLR steht für Twin Lens Reflex Camera.
Damals (zu ihrer Zeit!), als noch nicht alles "eingedenglischt" war, nannte man sie "Schachtsucher-Kameras" oder "Doppelaugen-Kameras".
TLRs haben immer zwei Objektive! Beide Objektive MÜSSEN die selbe Brennweite haben, sie müssen aber nicht genau baugleich sein. Die obere ist immer die sog.
Sucher-Optik (Viewing Lens), die untere immer die sog. Aufnahme-Optik (Taking-Lens).
Schachtsucher Kameras waren (sind) fast ausnahmslos 6x6 Mittelformat Kameras! Das quadratische Aufnahmeformat ist quasi zwingend, weil das Hochformat-Drehen der Kamera praktisch unmöglich ist.
Es gab WENIGE heute bei Sammlern sehr beliebte 4x4 cm TLR Kameras:
Rolleiflex 4x4
Diese Kameras benötigen die eigentlich ausgestorbenen TYP 127 Rollfilme. Inzwischen gibt es wieder TYP 127 Rollfilme .... sehr teuer und nur zwei Typen .... schön, dass man auch solche Exoten wieder benutzen kann!
So kann man im Moment einen einzigen 127er Farb Umkehrfilm (also Dia-Film) bekommen:
Rera Chrome 100 Rollfilm 127
....und einen 127er SW ISO 400er:
Rera Pan 400 Rollfilm 127
Feierabend! Schade, dass es nicht wenigstens einen Farb-negativ-Film gibt ... warum gerade DIA??? Das erschließt sich mir jetzt nicht wirklich ... aber wenigstens gibt's die wieder, nach Jahren der Nichtverfügbarkeit!
Kein Vergleich mit dem Typ 120 Rollfilm-Angebot! Der ist ebenso etabliert, wie der KB-35mm Film.
Typ 120 Rollfilm gibt es tatsächlich seit 1887, als er patentiert wurde.
Das Interessante am 6x6 Mittelformat ist ja gerade, dass man sich Hochformat-Motive im quadratischen Sucherfeld vorstellen können muss.
Selbiges gilt natürlich auch für nicht quadratische Querformat-Motive .... IMHO gibt es kaum Motive, die quadratisch eine gute Bildwirkung haben. Das Thema Bildschnitt ist bei
6x6 Mittelformat Kameras also ein Thema, das gleich bei der Aufnahme Berücksichtigung finden muss.
Es gab/gibt 6x6 Diaprojektoren .... für mich schon damals uninteressant, weil quadratische Bilder nix für mich sind ... wie gesagt!
Schachtsucher Kameras erzeugen im Sucherschacht auf einer Mattscheibe erstaunlich helle und scharfe Sucherbilder, die IMMER seitenverkehrt sind, woran man sich aber schnell
gewöhnen wird. Fast immer hilft zusätzlich ein Schnittbild-Indikator und eine klappbare Sucherlupe beim exakten Fokussieren.
Alle TLRs haben Vor- und Nachteile:
Vorteile: Exakte und einfache Fokussierung durch Spiegelreflex-Technik. Sehr gute Bildqualität durch üblicherweise sehr gute Optik und Mittelformat Aufnahmetechnik.
Interessante Kameraführungsoptionen durch die Schachtsucher-Bauweise. Immer Zentralverschluss und deswegen alle damit verbundenen Vorteile.
Nachteile: Keine Wechselobjektive (einzige Ausnahme Mamiya-C TLR Kamerasystem ... sehr interessant aber vielleicht mal an anderer Stelle). Parallaxenproblematik (wenige Ausnahmen davon) ... Ich zeige unten eine der wenigen Kameras mit vollständigem Parallaxenausgleich.))
STOP HIER ... alles weitere konkret am Beispiel!
Keine Frage ... die Digfitalphotographie ist und bleibt die größte Innovation seit Anbeginn der Photographie, wenn mich einer fragt. Dennoch schwelgen die Erinnerungen an die vielen
Meilensteine der klassischen Kameratechnik!
Ich habe mir bei einem Händler in Solingen eine REVUE 6x6 gekauft und vergleichsweise viel Geld für das perfekt erhaltene Stück Nostalgie bezahlt.
Eigentlich handelt es sich bei meiner REVUE um eine SEAGULL 4a Kamera aus China, die zwischen 1968 und 1983 hergestellt wurde ... zu den Varianten später.
REVUE gelabelte Versionen sind selten und wurden so exclusiv für Photo QUELLE gefertigt. Ich habe hier also eine alte Photo QUELLE Kamera ergattert.

Im Netz wird behauptet, sie sei ein Nachbau der deutschen Rolleiflex 6x6 TLR.
Ich bin anderer Meinung! Ich glaube viel mehr, dass die Chinesen sich damals an meiner alten Yashica A (oben im Bild) orientiert haben.
Review – Yashica-A TLR Camera
Die Seagull 4A ist eine sehr hochwertige Kamera mit erstklassiger Optik und von hoher Fertigungsqualität. Sie gilt als zuverlässig und langlebig. Besonders der Zentralverschluss
verdient Anerkennug, weil er die nicht selbstverständlichen "langen" Verschlusszeiten (bis 1s) kann. Eben das war nicht selbstverständlich .... die Yashica A z. B. konnte nur bis zu 1/25s.
So hochwertig, wie ihr Ganzmetall-Gehäuse ist auch die "Verpackung" der alten REVUE 6x6.

Zur 4a gehörte auch eine Echtleder Tragetasche, die die Kamera sehr gut schützt.
Fast immer fehlen bei allen TLRs die problematischen Tragegurte! Die Gurte wurden an den hier gut sichtbaren "Nüppels" eingehakt und gelten als unzuverlässig. Nicht wenige solcher Kameras gingen zu Boden, weil sich die Gurte leicht lösen oder reißen. Ungemütlich waren sie sowieso .... weil zu dünn ausgeführt für das vergleichsweise hohe Kameragewicht.
Die Lösung sieht so aus .... einfach das Stativgewinde nutzen und einen modernen ergonomischen Gurt nutzen:

So kann die TLR sicher und bequem transportiert werden.
Die Seagull 4A ist eine (nach damaligen Maßstäben) luxuriös ausgestattete Kamera. Die Kamera hat mit 40mm eine eher geringe Sucher-Parallaxe (die Sucheroptik ist nur 40mm über der Aufnahmeoptik montiert).
Das Parallaxenproblem spielt generell nur im Nahbereich überhaupt eine Rolle. Erst bei Aufnahmeabständen unterhalb von 2,5m kommt es überhaupt zu nennenswerten Abweichungen zwischen Sucherbild und Aufnahmefeld.
Die 4a gehört zu den wenigen TLRs die gar kein Parallaxenproblem hat, weil sie das Sucherbild durch eine sich automatisch verschiebende Suchermaske wirklich ganz genau zeigt,
was auch auf den Film kommt ... ein gewichtiges Argument für die Chinesein!
Die 4a gehört zu den "besseren" TLRs, die einen automatischen Filmtransport haben. Das bedeutet, dass der Filmtransport automatisch beim nächsten Filmfeld stoppt.
Damit verbunden ist auch die damals keinesfalls selbstverständliche und IMHO wichtige Doppelbelichtungs-Sicherung.
Man muss also nicht über ein Schauglas die entsprechende Filmnummer manuell einstellen. Dementsprechend hat die 4a auch ein Aufnahme-Zählwerk .... 12 Aufnahmen gehen so auf einen Typ 120 Rollfilm.
Transportiert wird mit einer Klapp-Kurbel .... das allerdings ist eine Rolleiflex "Anleihe".

Wird nun ein Entriegelungsknopf gedrückt und die Kurbel GEGEN den Uhrzeigersinn gedreht, dann wird der Film nicht transportiert sondern nur der Verschluss neu gespannt.
WICHTIG! So sind nicht nur Doppelbelichtungen möglich, sondern auch ein Entspannen des Verschlusses, um diesen ggfls. zu schonen.
Problem bei diesen Kameras ist nämlich immer das folgende ... Wenn man einen neuen Film einlegt und dann bis Bild 1 transportieren muss, dann ist immer auch der Verschluss schon gespannt. Kommt es nicht zur Aufnahme, dann müsste man die Kamera mit gespanntem Verschluss ablegen ... das ist "ungesund" für die gespannten Federn .... soll man NICHT machen. Man kann bei dieser Kamera also die Optik mit Kappe abdecken, den Verschluss auslösen und ihn später (auch ohne Filmtransport) wieder spannen.

Sowohl die Verschlusszeit, wie auch die Blende werden frontal an Schiebern eingestellt. Die Verschlusszeit sollte möglichst VOR dem Filmtransport eingestellt werden.
Laut Anleitung darf das auch anders herum gemacht werden, es soll aber nicht gut für die Feinstmechanik sein. Letzteres sagen alle Experten und zwar für alle mechanischen Zentralverschlüsse aller Kameras ... man sollte es sich angewöhnen.
Nun hört sich 1/300s für heutige Verhältnisse nicht sonderlich "kurz" an, war aber auch für andere TLRs üblich und reicht für das 75mm Objektiv (Normalbrennweite sind 80mm) und die üblichen Filmempfindlichkeiten eigentlich aus.
Zentralverschlüsse (auch die modernen ganz schnellen) haben übrigens KEIN Problem mit Blitzsynchronisation. Sie synchronisieren immer bei allen Verschlusszeiten!
Die 4a hat sowohl einen Blitz-Kabelkontakt, wie auch einen sog. "Hot-Shoe". Der Hot-Shoe ist die Bezeichnung für einen Blitzschuh mit eingebauter Mittenkontakt-Auslösung
im Gegensatz zum "Cold-Shoe" anderer TLRs, die noch keinen Mittenkontakt mit X-Synchro hatten.
Das besondere ... der Schachtsucher:

Schachtsucher erzeugen i.d.R. sehr helle und gut zu beurteilende Sucherbilder (wie schon gesagt seitenverkehrt!)
Insbesondere bei Dunkelheit erleichtert eine ausklappbare Sucherlupe das ganz genaue Fokussieren.
Es geht noch mehr! Der Sucher lässt sich auch zum sog. Action-Finder klappen:

Klappt man vorne den Deckel ein, dann erhält man den klassischen Rahmensucher, der eine
seitenrichtige Schnellfokussierung ermöglicht. Optisches Fokussieren ist so natürlich nicht mehr
möglich. Ab 3m Aufnahmeabstand ist der Bildausschnitt hinreichend genau abschätzbar!
Modelle: AUFGEPASST!!!
Die Seagull 4 gibt es in zwei Ausführungen.
4a (wie ausgeführt)
4b (Unterschiede erwähne ich unten kurz in Stichpunkten)
Unterschiede Seagull 4b zum Modell 4a (oben beschrieben):
-kein automatischer Filmtransport (Transport über Schauglas und Drehrad)
-Verschluss muss einzeln gespannt werden
-keine Dopperlbelichtungs-Sicherung
-Kein Hot-Shoe (nur kontaktloser Blitzhalter)
-wahlweise auch 4.5x6 Aufnahmen möglich (nur wenn die dazugehörige Filmbühne vorhanden ist ... (einzeln NICHT zu kriegen!)).
Anmerkung: 4.5x6 mit einer Schachtsucher-Kamera ist IMHO nicht sinnvoll, da man sie nicht wirklich umdrehhen kann (für Hochformate!)
-KEIN PARALLAXENAUSGLEICH im Sucher-
Meine Empfehlung geht klar in Richtung Seagull 4a
Fazit:
Natürlich findet man im Netz auch Kommentare in Richtung "Chinaschrott!" usw..
IMHO ganz falsch! Die 4a ist eine hochwertig gefertigte TLR aus hochwertigem Material gemacht und mit vergleichsweise hochwertiger Ausstattung.
Leider hatte ich noch keine Chance, einen Film "durchzujagen" .... werde ich so bald wie möglich machen .... ich versacke leider im Moment mal wieder im Job ....
Dass sie klasse Bilder kann, sieht man aber z.B. hier:
WTS: Seagull 4 TLR - PhotoMalaysia Community
.... und sie ist noch bezahlbar .....
Alternative:
Wer für kleines Geld eine 6x6 Alternative sucht, dem sei die russische Lubitel empfohlen ....
Lomography - A Review of the Lubitel 166 Universal
Günstger geht TLR 6x6 zwar nicht mehr ... (wirklich ebenfalls gute Optik!)
Allerdings ereicht diese Plastik-Konstruktion nicht annähernd die Qualität einer 4a und die Ausstattung liegt noch weit unterhalb der 4b.
Grüße und schöne Photos
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